Gelassenheit
Gelassenheit ist das ruhige Gefühl im Innern unserer Seele. Sie ist innere Ruhe, Gleichmut, Sanftheit und als innere Einstellung fähig, auch in aufgeregten Situationen oder Zeiten eine ruhige unvoreingenommene Haltung zu bewahren. Gelassenheit ermöglicht es, emotional ruhig zu bleiben und dadurch Beobachter zu bleiben und sachlich die Situation zu betrachten. Wenn wir als Beobachter das wahrnehmen können, was in uns selbst an Gedanken und Gefühlen auftaucht und wenn wir Beobachter bleiben können in Situationen, in denen es mehrere Beteiligte gibt, dann können wir in einer inneren Ruhe, neugierig und urteilsfrei Vieles klären und werden nicht vom Sturm der Aufregung mit gerissen. Unaufgeregte Menschen strahlen viel Sicherheit aus. Das ist immer wichtig, aber gerade in schweren und krisenhaften Zeiten besonders wertvoll. Wer gelassen ist, der kann das seelische Gleichgewicht halten und wird nicht vom äußeren Sturm hin- und her geworfen. Etwas, wonach wir uns alle sehnen.
Wir brauchen Gelassenheit gerade in Krisenzeiten dringender denn je. Wie heilsam sind in einer Krise Menschen, die nicht ängstlich oder gar panisch sind, sondern in Gelassenheit klar die Dinge sagen und tun, die getan werden müssen, um Leben zu schützen, Ängste zu reduzieren und dadurch Gesundheit zu ermöglichen. das Gegenteil von Gelassenheit ist Aufgeregtheit und Stress produziert Hormone, die auf Dauer den Körper schädigen. Angst ist Stress und darum macht Angst krank. Nachweislich.
„Gott, gebe mir Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kannund die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ © Reinhold Niebuhr (1892 – 1972), US-amerikanischer Theologe, Philosoph und Politikwissenschaftler
Und etwas ändern zu wollen, das da ist und ist, wie es ist, das erschöpft einen bis an den Rand. Es annehmen und gelassen damit umgehen, das ist etwas, was uns unsere Schöpferkraft zurück bringt. Weil wir dann handeln können und nicht ohnmächtig ausgeliefert sind. Wir können etwas tun. Und das geht am besten in Ruhe und Gelassenheit. Angst ist meistens ein schlechter Ratgeber.
Wenn ich das, was sich mir zeigt und mir begegnet, in Ruhe und Gelassenheit annehmen kann, dann bleibt es noch immer schwer. Es nimmt dem, was mir begegnet, nicht die Schwere. Es lässt mich aber weniger leiden. Das, was uns am meisten leiden lässt, ist immer der Widerstand gegen das, was ist. Es tauchen Gefühle in uns auf, und wir sagen: „Nein, will ich nicht haben. Die sollen weg gehen, weg!“ Gefühle aber kann man nicht wegdrücken, oder nur eine bestimmte Zeit lang, dann brechen sie umso stärker hervor. Wenn uns etwas Unangenehmes begegnet, sagen wir: „Warum muss mir das passieren? Ich möchte nicht, dass das so ist und dass mir das passiert!“. Das, was ist, ist manchmal schwer genug. Es braucht unsere ganze Energie und Kraft. Widerstand dagegen zu leisten, lässt uns noch mehr leiden. Und das ist dann unsere Entscheidung.
„Schicksale geschehen, aber Leiden ist deine Entscheidung!“ Buddha
„Den Weg zur Gelassenheit finden nur die Selbstbewussten.“ © Ernst Ferstl (*1955), österreichischer Lehrer, Dichter und Aphoristiker
„Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins.“ Marie von Ebner-Eschenbach, 1830 – 1916), Marie Freifrau Ebner von Eschenbach, österreichische Erzählerin, Novellistin und Aphoristikerin
Wer selbstbewusst ist, den wirft so schnell nichts um, der ist weder bedürftig noch hoch kränkbar.
Aus der inneren Gelassenheit wird nur der hinaus geworfen, der sich von jedem Satz verletzen lässt, der sich über alles aufregt, was ihm begegnet, auch an selbst interpretierter Unhöflichkeit. Wenn ich nicht selbstbewusst bin, sehe ich Vieles als Angriff, was nicht als Angriff gedacht war, sehe ich oft etwas als persönliche Beleidigung, was niemals so gedacht war.
Darum ist es wichtig, an uns zu arbeiten, damit wir nicht mehr so kränkbar und verletzbar sind – anders ist der Weg zu Gelassenheit sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich. Und es ist sowieso ein weiter Weg zur Gelassenheit.
Gelassenheit heißt nicht, alles zu beschwichtigen, sich nicht mehr aufzuregen oder gar unemotional zu sein. Gelassenheit meint, die Emotionen in sich zu spüren und wahrzunehmen, sich aber nicht von ihnen kontrollieren zu lassen – zu wissen, dass ich der Schöpfer meiner Gefühle bin und nicht ihr Opfer.
Gelassenheit meint, sich aufregen zu können, ohne in Angriffe überzugehen oder andere als Schuldige zu verurteilen.
Gelassenheit heißt, auch den eigenen Anteil an der Situation zu erkennen.
Gelassenheit heißt nicht, dass einem auf einmal alles egal wird – das ist Gleichgültigkeit. Gelassenheit meint, diese Welt anzunehmen, wie sie ist und mit ihr in Liebe umzugehen. Denn etwas oder Jemanden zum Guten hin verändern kann ich nur mit Liebe – Wut und Hass zerstören nur.
Gelassenheit heißt nicht, dass ich nicht wütend werde –aber mit Gelassenheit kann ich dreimal tief durchatmen, bevor ich etwas sage oder tue, und bevor ich verletzend werde, was ich später bereue .
Mit Gelassenheit schafft man es auch, in dem, der einen kritisiert, etwas Nachdenkenswertes zu finden:
„Meine Verleumder sind eigentlich nur gute Freunde, denn wenn ich gelassen bin und annehme, wächst in mir die aus dem Ungeborenen geborene Kraft der Demut und der Liebe. Yongjia Xuanjue (665 – 713), auch Yoka Daishi oder Yung-Chia Ta-Shih, gehörte als Zen-Mönch der buddhistischen Schule des Tiantai zong an
Wenn ich höre, was der andere sagt, kann ich überlegen: passt das zu mir oder sagt es mehr über den aus, der etwas über mich sagt? Meistens sagt ein Mensch viel mehr über sich selbst aus als über den, über den er redet. Es ist ihm nur nicht immer bewusst.
Wenn ich gelassen bin, kann ich vieles annehmen und darüber nachdenken oder verwerfen, weil es klar nichts mit mir zu tun hat.
Ich wünsche uns allen eine solche Gelassenheit, die weise ist und das ändert, was geändert werden kann und muss, und das andere annimmt in Ruhe und aus einer inneren Stärke heraus.
Ich wünsche uns, dass wir umgeben sind von Menschen, die gelassen sind, weil sie uns Mut machen und der Angst keinen Raum geben, weil wir ehrlich sein können zu ihnen ohne Angst, dass sie verletzt sind und auf Distanz gehen.
Ich wünsche uns, dass wir selbst solche gelassenen Menschen für andere sind – damit diese ihre Angst und Unruhe verlieren, wenn wir da sind und damit sie frei äußern können, was sie denken und fühlen, ohne Angst, uns zu verlieren.
Ich wünsche uns in diesen Krisentagen ein tiefes Vertrauen ins Leben, denn ich glaube, dass das der Grund für Gelassenheit ist: Ein tiefes Vertrauen darin, dass alles gut ist, weil wir getragen sind von Händen, die größer sind, als wir ahnen.
Ich wünsche uns in diesen Tagen, dass wir dankbar bleiben für das, was um uns herum ist. Das ist sehr viel – und das zu sehen, den Blick ganz bewusst auf das zu lenken, was an Fülle da ist, was uns dankbar sein lassen kann – das macht uns Herz wieder ruhiger und gelassener.
© Marion Schronen