Innere Antreiber

Innere Antreiber

Viele unserer Probleme entstehen, weil wir von inneren Motiven, so genannten Antreibern, geleitet werden. Wir werden von unterschiedlichsten Dingen angetrieben: von unseren Hoffnungen, Wünschen, Werten und Bedürfnissen, aber auch von äußeren Belohnungen oder Bestrafungen. Hinzu kommen Verhaltensmuster, die meist unbewusst sind, weil sie sehr früh entstanden sind und unsere Einstellungen und Verhaltensweisen beeinflussen.

Das Konzept der Inneren Antreiber wurde von dem amerikanischen Psychiater Eric Berne (1910-1970) entwickelt, der die Transaktionsanalye begründet hat. Bei dem Modell der inneren Antreiber handelt es sich um unbewusste Vorgänge, die unser Denken, Fühlen und Verhalten, unsere Entscheidungen und Erfahrungen beeinflussen. Sie bestehen aus Botschaften, Glaubenssätzen und inneren Stimmen, die wir im Laufe unseres Lebens verinnerlicht haben und die meist die Stimmen unserer Eltern oder Erziehungspersonen widerspiegeln. Darum liegt ihr Ursprung in der Kindheit und den dort stark prägenden Lebensumständen. Da dies länger zurückliegt, ist es schwierig, diese Antreiber zu identifizieren. Um sie zu entmachen, ist es jedoch unerlässlich, ihnen auf die Spur zu kommen. Innere Glaubenssätze sind nämlich meist beteiligt daran, dass wir uns so verhalten wie wir es tun. Die Sätze, die wir in der Kindheit gehört, gelernt und einfach übernommen haben, sind Ausdruck dessen, was unsere Eltern von uns erwartet haben. Wenn wir als Kind häufig „Beeil dich“ gehört haben und ständig zur Eile angetrieben wurden, dann haben wir diese Aufforderung verinnerlicht, und sie bestimmt auch später noch unser Verhalten. Auch Jahre später, ohne dass wir uns dessen bewusst sind, mahnen wir uns selbst innerlich ständig zur Eile. „Ich darf nicht zu lange brauchen“, „Ich muss schnell sein“, „die Aufgabe muss so schnell wie möglich erledigt werden“ etc. Das alles ist Ausdruck des Antreibers: „Beeil dich“. Wir müssen uns unserer Antreiber bewusst werden. Alles, was in unser Bewusstsein gerückt wird, kann angeschaut und bearbeitet werden – und sich auflösen. Die Antreiber belasten uns nur dann, wenn sie unentdeckt in uns wirken können.

Die meisten Menschen sind bspw. mit dem Antreiber „Sei perfekt!“sehr gut vertraut. Jeder innere Antreiber belastet uns, wenn er zu mächtig iwrd, aber dieser Antreiber und damit der Anspruch, perfekt sein zu wollen, sorgt für sehr viel Leid, Unzufriedenheit und innere Problem. Nicht selten dominiert dieser innere Antreiber unseren ganzen Tag, und wenn wir ihn nicht auflösen, auch unser ganzes Leben. Ein kleines Beispiel: Als gute Mutter kann ich meinem Kind keine Kekse zum Frühstück mitgeben. Es muss jeden Tag ein selbst gemachtes Brot und das muss vor allem makellos und gesund sein. Beruflich verurteilt man sich stundenlang für einen kleinen Fehler, der einem passiert ist, weil Fehler nicht passieren dürfen. Vor allem nicht demjenigen mit diesem inneren Antreiber, weil Fehler unperfekt machen und man dann nicht mehr liebenswert ist! Nur wer leistet, zählt etwas!

Zuviel ist zuviel! In gesundem Maß motivieren Antreiber uns! Es ist generell nicht schlimm, einen hohen Anspruch an sich selbst zu haben. Menschen, die nach Perfektion streben und Aufgaben schnell erledigen sind häufig erfolgreicher. Bis zu einem gewissen Grad ist ein Antreiber durchaus hilfreich. Er motiviert uns, mehr zu lernen, besser zu werden und bestimmte Situationen im Leben zu ertragen. Aber wenn die inneren Antreiber zu stark ausgeprägt sind oder in den falschen Situationen zum Zug kommen und uns antreiben, belasten sie uns, lösen enormen Stress aus und machen uns das Leben unnötig schwer. Wer bspw. immer alles schnell machen muss, kann auch in schönen Situationen nicht loslassen oder genießen. Ein Perfektionist, der bei jedem Protokoll 110% gibt, hat weniger Energie für die wirklich wichtigen Arbeiten und brennt über kurz oder lang völlig aus.

Innere Antreiber

Es werden fünf innere Antreiber unterschieden: Sei stark! Sei perfekt! Mach es allen recht! Beeil dich! Streng dich an!

Was diese Antreiber kennzeichnet, skizziere ich hier kurz. Es ist wie immer eine verkürzte Sicht, weil die Realität und die Menschen viel komplexer sind. Es ist ein kleiner Ausschnitt, um sich besser zuordnen zu können und um die Antreiber zu entlarven und zu entmachten.

Der innere Antreiber „Sei stark“:

Innere Gedanken: Zeig keine Schwäche! Ich brauche niemanden! Ich komme alleine zurecht! Wie es in mir aussieht, geht niemanden etwas an! Ich bin hart im Nehmen! Mich erschüttert nichts so leicht! Beiß die Zähne zusammen! Reiß dich zusammen! Ich habe keine Gefühle und wenn, dann zeige ich sie nicht! Immer Haltung bewahren! Man darf mir nicht ansehen, wie mir zumute ist!

Kurze Charakterisierung: Wer diesen Antreiber in sich entwickelt hat, hat gelernt, keine Schwäche zu zeigen und Gefühle vor anderen zu verbergen. Wer diesen Antreiber nicht erlöst, bleibt zurückhaltend , distanziert und wirkt kühl. Beherrschung steht an erster Stelle so wie Haltung, Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen und Kontrolle.

Lösung, neue Möglichkeiten: Um den Antreiber zu entmachen, ist es wichtig, gegen die inneren Gedanken Gegen-Sätze zu entwickeln und sie zu einem inneren Mantra zu machen. Wenn wir uns diese Sätze immer wieder sagen, können wir den Antreiber schwächen und bewusst dagegen halten: „Ich bin offen und zeige mich! Ich kann um Hilfe bitten, ohne mein Gesicht zu verlieren. Ich darf mich gemeinsam mit anderen für Menschen und Anliegen einsetzen. Ich muss nicht immer alles alleine schaffen! Wenn ich Schwäche und Gefühle zeige, bin ich stark.“

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Der innere Antreiber „Sei perfekt“:

Innere Gedanken: Wenn ich eine Arbeit mache, dann gründlich und vor allem fehlerfrei. Ich mag keine Schlamperei. Fehler kann ich nicht tolerieren, weder bei mir noch bei anderen. Es gibt immer etwas zu verbessern. Mach keine Fehler! Ich bin (noch) nicht gut genug! Ich bin nie gut genug! ich mache zu wenig! Ich muss immer besser werden!

Kurze Charakterisierung: Wer diesen Antreiber in sich entwickelt hat, steht unter dem enormen Druck, alles perfekt zu machen. Man bemüht sich bei allem um Perfektion, und das meist ohne Rücksicht auf den Zeitaufwand, die Kosten oder die eigene Energie. Durch eine fehlerfreie Leistung erhofft sich dieser Mensche die Anerkennung, nach der er sich sehnt. Wer „sei perfekt“ in sich trägt, rechtfertigt sich ständig und nimmt jede Kritik von sich aus vorweg. Leitung macht liebenswert. Wer nicht fehlerfrei ist, ist nicht liebenswert.

Lösung, neue Möglichkeiten: Um den Antreiber zu entmachen, ist es wichtig, gegen die inneren Gedanken Gegen-Sätze zu entwickeln und sie zu einem inneren Mantra zu machen. Wenn wir uns diese Sätze immer wieder sagen, können wir den Antreiber schwächen und bewusst dagegen halten: „Gut ist gut genug! Ich bin gut genug! Ich habe genug! Ich tue genug! Ich bin wertvoll und liebenswert, auch wenn ich nichts leiste! Ich kann etwas leisten oder tun, was nicht perfekt ist. Ich bin wertvoll durch das, was ich bin, nicht durch das, was ich leiste! Ich darf Fehler machen!“

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Der innere Antreiber „Mach es allen recht“!

Innere Gedanken: Sei liebenswürdig! Sei nett! Meine Meinung ist nicht so wichtig. Bloß keinen Streit! Sei immer freundlich zu allen, auch zu denen, die nicht freundlich zu dir sind! Ich muss immer zuhören, sonst bin ich unhöflich. Es fällt mir schwer, Nein zu sagen. Meine Bedürfnisse zählen nicht. Akzeptiert und geliebt zu werden, ist mir wichtiger, als meine Interessen durchzusetzen. Positive Rückmeldungen und Anerkennung sind mir sehr wichtig. Sei gefällig! Sei unsichtbar! Drängel dich nicht vor! Was ich will, interessiert nicht!

Kurze Charakterisierung: Wer diesen Antreiber stark in sih entwickelt hat, fühlt sich stets dafür verantwortlich, dass andere sich wohl fühlen und stellen sich vor, was der Andere sich. Das muss der Realität jedoch nicht entsprechen. Solche Menschen sind äußerst zuvorkommend, hören mit einer unglaublichen Geduld zu, weil sie Angst haben, dass man sie sonst nicht (mehr) mag. Sie stellen ihre Bedürfnisse immer hinten an, meist kennen sie ihre Bedürfnisse gar nicht mehr, weil sie sie zu lange verleugnet und verdrängt haben. Diese Menschen richten sich immer danach, was andere (von ihnen) erwarten und kommen dabei selbst (immer) zu kurz. Sie möchten beliebt und geliebt sein und haben nicht gelernt, Nein! zu sagen.

Lösung, neue Möglichkeiten: Um den Antreiber zu entmachen, ist es wichtig, gegen die inneren Gedanken Gegen-Sätze zu entwickeln und sie zu einem inneren Mantra zu machen. Wenn wir uns diese Sätze immer wieder sagen, können wir den Antreiber schwächen und bewusst dagegen halten: „Termine mit mir selbst sind ebenso wichtig wie Termine mit anderen! Meine Bedürfnisse und Wünsche sind wichtig! Ich darf mich anderen zumuten! Meine Meinung zählt! Ich muss nicht (bei allen) beliebt sein! Wer Ja sagt, kann auch Nein sagen! Nein ist ein ganzer Satz!“

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Der innere Antreiber „Beeil dich!“

Innere Gedanken: Ich bin immer in Bewegung und dauernd beschäftigt. Ich mache mehrere Dinge gleichzeitig, dann geht es schneller. Ich fühle mich als Motor, der Dinge voranbringt. Mach schnell(er)! Sei immer auf Trab! Sei immer beschäftigt mit etwas! Ich darf keine Zeit verschwenden oder verlieren!

Kurze Charakterisierung: Wer diesen Antreiber stark entwickelt hat, ist nie richtig anwesend und präsent, da, wo er sich gerade befindet. Er ist nie im Augenblick, sondern in Gedanken immer schon in der Zukunft und beim nächsten Schritt. Er ist voller Dynamik und Hektik. Ruhiges und konzentriertes Arbeiten ist ihm seltenst möglich. Alles muss rasch und oftmals sofort getan werden, und am besten immer möglichst mehrere Dinge gleichzeitig.

Lösung, neue Möglichkeiten: Um den Antreiber zu entmachen, ist es wichtig, gegen die inneren Gedanken Gegen-Sätze zu entwickeln und sie zu einem inneren Mantra zu machen. Wenn wir uns diese Sätze immer wieder sagen, können wir den Antreiber schwächen und bewusst dagegen halten: „Ich entscheide, ob und wann ich mich beeile! Ich darf mir die Zeit lassen, die ich brauche! Ich darf Pausen machen. Ich darf meinen eigenen inneren Rhythmus wahrnehmen und leben! In der Ruhe liegt die Kraft! Eile mit Weile. Ein schönes Krafttier ist das Faultier!

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Der innere Antreiber „Streng dich an!“

Innere Gedanken: Wer nie aufgibt, erreicht alles. Erfolge muss man sich hart erarbeiten. Nur Schweres ist wertvoll. Mühe dich ab bis zum Letzten! Ich muss es schaffen! Ich schaffe es auch ohne fremde Hilfe! Aufgeben ist niemals erlaubt!

Kurze Charakterisierung: Wer diesen Antreiber stark in sich spürt und sich dadurch ständig anstrengt, zeichnet sich durch Pflichtbewusstsein, Fleiß und Einsatz aus, steht unter enormem Leistungsdruck und hat Züge eines Perfektionisten. Die beiden Antreiber „Streng dich an!“ und „Sei perfekt!“ gehen oft Hand in Hand. Quantität geht in der Regel vor Qualität. Erfolge, die nicht auf Anstrengungen basieren, taugen nichts. Wenn etwas nicht klappt, strengt er sich noch mehr an und lebt in ständiger Angst, Andere könnten besser sein. Darum versuchen Menschen mit diesem inneren Antreiber, dem durch noch mehr Anstrengung entgegenzuwirken.

Lösung, neue Möglichkeiten: Um den Antreiber zu entmachen, ist es wichtig, gegen die inneren Gedanken Gegen-Sätze zu entwickeln und sie zu einem inneren Mantra zu machen. Wenn wir uns diese Sätze immer wieder sagen, können wir den Antreiber schwächen und bewusst dagegen halten: Ich darf Freude an der Arbeit haben. Ich darf Aufgaben mit Gelassenheit tun und vollenden. Auch wenn etwas leicht ist, ist es wertvoll. Ich darf mich entspannen und meine Fortschritte genießen, ohne direkt weiter zu arbeiten. Ich setze mir realistische Ziele.

Um den inneren Antreiber und damit unseren wunden Punkten auf die Spur zu kommen, können wir uns folgende Fragen stellen:

  1. In welchen Situationen reagiere ich schnell emotional? Mit welchen Emotionen reagiere ich dann? Wie verhalte ich mich dann?
  2. Welche Personen bringen mich zur Weißglut, reizen und provozieren mich? Wie verhalte ich mich ihnen gegenüber? Kann ich in Distanz gehen zu diesen Menschen?
  3. Wovor habe ich Angst und versuche, es geheim zu halten, weil es mir peinlich ist und ich mich deswegen schäme? In welchen Situationen tritt das häufig auf? Warum gerade dann?
  4. Welcher meiner inneren Antreiber ist besonders stark ausgeprägt? In welchen Situationen ist er besonders belastend? Wann treibt er mich besonders stark an?

Die inneren Antreiber, wenn sie zu stark ausgeprägt sind, verursachen einen enormen Stress in uns. Die inneren Antreiber zu erkennen und den Stress zu verringern, sind wichtige Punkte und Aufgaben, die unerlässlich sind, damit wir zu mehr Gesundheit und innerer Ruhe finden. Dazu gehören Selbstfürsorge und Milde im Umgang mit sich selbst. Dies findet Ihr in meinen Artikeln, die unter „Nahrung für den Seelenfrieden“ stehen.

© Marion Schronen

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