Innere Gespräche – Wie spreche ich mit mir selbst?
Die Kraft des Inneren Dialogs
Dass wir innerlich mit uns sprechen, ist Normalität. Jede/r kennt das. Wenn einem etwas hinfällt, hört man die Stimme in sich: „Mann, wie blöd. Kannst du nicht aufpassen?!“ Wir reden jeden Tag mit uns selbst. Wir sprechen zu uns selbst. Und meistens tun wir das in einem lieblosen, vorwurfsvollen Ton. Selten sagen wir uns: „Das ist nicht schlimm. Kann jedem passieren. Ich bin wundervoll und freue mich, dass es mich gibt!“. Es wäre schön, wenn wir das ganz ursprünglich als Kinder alle gehört und verinnerlicht hätten. Haben wir aber nicht. Die meisten von uns nicht. Darum ist es wichtig, dass wir die Inhalte der Gespräche mit uns selbst und damit die Richtung steuern, in die unsere Gedanken, ausgelöst durch diese inneren Gespräche, wandern.
Alte Stimmen-neue Stimmen
Wenn wir unser Leben verändern möchten, müssen wir uns bewusst werden, welche Stimmen es in uns gibt. Wer ist es, der da zu uns spricht? Sind wir das selbst? Oder ist es die Stimme meines Vaters oder die meiner Mutter, die zu mir spricht? Ist es die Stimme meines Lehrers, der mich damals für dumm gehalten hatte? Ganz wichtig ist: Immer dann, wenn die Stimmen in uns negativ werden, kommen sie nicht aus unserer Seele. Denn die Stimme, die wirklich aus unserer Seele kommt, ist immer eine liebende Stimme. Sie spricht immer wohlwollend mit und zu uns. Und verurteilt uns nie. Wenn es verurteilende innere Selbstgespräche sind, haben wir diese gelernt. Wir haben Stimmen in uns hinein genommen, die damals so mit uns gesprochen haben. Ausgesprochen mit Worten oder ausgedrückt durch Blicke. Wir haben gelernt, uns zu verurteilen, weil wir verurteilt wurden. Wir haben gelernt, dass wir falsch sind oder dass mindestens irgendetwas an uns falsch ist. Weil wir das gefühlt haben, weil es uns so vermittelt oder gar gesagt wurde. Sei nicht! Sei nicht so laut, faul, vorlaut, neugierig, ansprüchig, nervig, langsam, tolpatschig oder oder oder. Sei nicht! Das ist der Satz, der fast alle negativen Selbstgespräche begleitet. Das Ganze nennt man Erziehung. Da müssen wir wieder heraus finden. Es ist ein langer Weg zurück zu uns selbst. Aber einer, der sich lohnt. Unsere innere mentale Haltung uns selbst gegenüber können wir verändern. Mit viel Güte und Liebe zu uns selbst.
Es ist hier, wie bei allem, wichtig, sich bewusst zu werden, was es alles an Gesprächen in uns gibt. Und dann können wir damit beginnen, Meister unserer inneren Selbstgespräche zu werden.
Wenn wir lernen, liebevoll mit uns selbst zu sprechen, werden wir automatisch liebevoll mit anderen reden. Wer nicht gut mit sich selbst umgeht, tut dies auch nicht mit anderen. Wer eine lieblose Sprache sich selbst gegenüber gewohnt ist, kann nicht offen und frei liebende Worte zu anderen sagen. Weil er dieser Worte selbst bedarf. Und Bedürftigkeit ist keine gute Basis für Begegnung und Beziehung.
Der innere Unterstützer: Wenn wir bewusst darauf achten, was wir zu uns selbst sagen und wie wir mit uns selbst sprechen, können wir unterscheiden lernen, mit welcher Stimme wir gerade zu uns selbst sprechen. Können wir die Stimme hören, die zu uns spricht? Wie hört sie sich an? Ist es unsere eigene oder die Stimme eines Anderen? Mutter? Vater? Lehrer? Kinder von damals? Und was sagen wir zu uns? Loben wir uns? Wie oft? Sagen wir uns, dass wir unser Leben gut leben und die Dinge im Griff haben? Können wir uns innerlich applaudieren und uns sagen, dass wir etwas richtig prima gemacht haben? Dann haben wir einen inneren Unterstützer in uns! Er sagt uns, dass wir genug sind. Gut genug! Und dass wir gut sind, genau so wie wir sind. Wenn wir solch einen inneren Unterstützer haben, sind wir dem Seelenfrieden sehr nahe. Der innere Unterstützer ist wie ein guter Freund, der uns Anerkennung gibt. Anerkennung lässt jeden Menschen aufblühen, und sie gibt uns das gute Gefühl, richtig zu sein. So wie wir sind . Der innere Unterstützer glaubt auch daran, dass wir uns entwickeln können und er ermutig uns, die beste Version unseres Selbst zu werden.
Der innere Kritiker/Richter: Viele Menschen haben eine Stimme in sich, die ständig kritisiert oder verurteilt. Dieser Kritiker hat eine mächtig laute Stimme. Und meldet sich bei jedem kleinsten Fehltritt. Drängelt sich immer in den Mittelpunkt und sagt, wie wir besser, schneller, gesünder und perfekter werden können. Durch den inneren Kritiker sind wir ständig dabei, uns zu verbessern und – das ist das Fatale – werden nie gut genug sein in seinen Augen. Wir fühlen uns nie richtig. Wir werden und sind unzufrieden. Wir sehen dadurch auch nur unsere Fehler und nicht das, was uns gelingt. Der Kritiker ermahnt uns immer, dass wir das alles besser hätten machen können, ja müssen. „Ich bin nicht gut genug!“, das ist der Satz, den wir uns selbst sagen, wenn wir den inneren Kritiker unbewusst übernommen haben. Der Richter verurteilt uns, wenn wir etwas tun. Das ist dann nicht nur, dass wir nicht gut genug sind, was uns der Kritiker vorwirft, es geht weiter: wir verurteilen uns dafür, weil wir so sind oder weil wir etwas getan haben. Echte Reue kommt aus dem Herzen, wenn uns etwas wirklich leid tut, was wir gesagt oder getan haben. Die Verurteilung hat mit echter Reue nichts zu tun. Sie verurteilt uns als ganzes Wesen und macht Reue oftmals zunichte, weil wir glauben, es nicht wert zu sein, dass man uns verzeiht. Weil wir dem Kritiker und dem Richter glauben und ihre Stimme übernehmen. Nur dass sie nicht unsere eigenen Stimmen sind. Wenn wir uns dessen bewusst werden, werden wir frei und können uns liebevoll uns selbst zuwenden und so mit uns sprechen. Nur so können wir liebevoll mit anderen sprechen.
Wenn wir dem Kritiker und dem Richter zuviel Raum und Macht in uns geben, ist es ein langer Weg zu unserem Selbstwertgefühl und zur Selbstachtung.
Wir müssen bewusst darauf hören, ob der innere Unterstützer oder der innere Kritiker oder der Richter zu uns sprechen. Und dann sollten wir Verantwortung dafür übernehmen, dass der Unterstützer und Freund in uns immer lauter wird. Der Unterstützer bewahrt uns nicht vor konstruktiver Selbstkritik. Er sagt uns aber, wenn etwas gut gelungen ist. Wenn wir einen Fehler machen, ist es belastend genug für uns. Die Stimme des inneren Kritikers, der uns zusätzlich runter zieht, können wir nicht wirklich brauchen.
Es ist wichtig, dem inneren Freund in uns immer öfter Stimme zu geben und ihn reden zu lassen. Und liebevoll zu dem Kritiker in uns zu sagen, dass seine Zeit vorbei ist und wir lernen möchten, gut zu uns zu sein. Dann haben wir eine leise Ahnung davon, wie es ist, uns selbst zu lieben und uns liebevoll zu begleiten durch unser Leben.
© Marion Schronen