Präsenz

Präsenz

Grundlage jeder guten Kommunikation ist Präsenz. Gegenwärtig sein. Vollkommen im Hier und Jetzt. Aufmerksam da sein. Mit allen Sinnen.

Das wertvollste Geschenk, das wir anderen machen können, ist unsere achtsame Anwesenheit. Wenn Achtsamkeit diejenigen umfasst, die wir lieben, werden sie wie Blumen blühen.“ Thich Nhat Hanh

Wir kennen es alle, und nicht erst, seit es Handys gibt: Wir erzählen etwas und der Andere schaut uns nicht an, hört nur beiläufig zu,nickt an Stellen, an denen es nicht passt und antwortet nicht wirklich. Wir gehen aus solchen Gesprächen heraus und spüren, dass wir nicht richtig wahrgenommen wurde. Der Andere war nicht wirklich da, ist nicht in Beziehung zu uns gegangen und war innerlich mit seinen Gedanken beschäftigt. Das kann mal vorkommen, auch schon öfter – wenn es zu oft passiert, sollten wir uns Gedanken machen.

Wir sind mit unseren ca. 60.000 Gedanken am Tag meist in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Wenn wir mit unseren Gedanken in der Gegenwart sind, fühlen wir augenblicklich eine tiefe Ruhe und Ankommen im Hier und Jetzt. Im gegenwärtigen Augenblick haben wir nicht viele Gedanken, sondern das reine Gewahrsein dessen, was hier und jetzt um uns und in uns ist.

Wer vollkommen in der Gegenwart ist, im gegenwärtigen Augenblick, der ist präsent. Diese Präsenz kann man spüren, sie strahlt Ruhe und Frieden aus. Präsente Menschen sind vollkommen da, im Raum gegenwärtig, aufmerksam, voller Ruhe. Präsenz schenkt inneren Frieden.

Präsent zu sein bedeutet, den Anderen vollkommen wahrzunehmen. Dann kann ich hören, was er sagt und auch das, was er nicht sagt. Richtig hören und lauschen auf den Anderen ist ein unersetzlicher Baustein für Präsenz. Es ist sicher sogar umgekehrt: Aus der Haltung der Präsenz heraus entsteht richtiges Zuhören.

Präsenz ist eine Haltung, mit der ich mir, den Menschen, meinem Leben und der Welt begegne. Präsenz bedeutet, anwesend sein mit Körper, Geist und Seele, nicht bloß mit meinem Körper. Es bedeutet Gegenwärtig-Sein. Präsenz zeigt den Respekt und die Wertschätzung, die ich mir, dem Anderen, den Dingen und der Welt gegenüber empfinde.

Wenn ich präsent bin, bin ich mir selbst gegenüber präsent. Ich spüre, wie ich mich fühle, was in mir lebt an Bedürfnissen, Emotionen, Glaubenssätzen Verletzungen und Wünschen und nehme sie wahr und nehme sie achtsam an ohne Bewertung. Wenn ich präsent bin, bin ich auch den Dingen und Handlungen gegenüber präsent: ich konzentriere mich auf mein Tun und lasse mich nicht ablenken. Das ist die Essenz der Achtsamkeit: ganz im Hier und Jetzt sein. Mit allen Sinnen. In dieser Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks ist tiefes, vom Äußeren unabhängiges, in uns immer präsentes Glück ganz nah und spürbar.

Und da wir nur einen Menschen in dieser Welt ändern können, nämlich uns selbst, beginnen wir auch hier mit uns selbst:

  • Wann bin ich mit meinen Gedanken beschäftigt, während ein Anderer mit mir spricht?
  • Wann bin ich wirklich präsent?
  • Wie fühle ich mich, wenn ich etwas erzähle und der Andere schaut mich nicht an?
  • Wie fühle ich mich, wenn mich jemand anschaut und ganz präsent ist?
  • Welchen Menschen kenne ich, der ganz da ist und lauscht, wenn Menschen zu ihm kommen?
  • Was ist Präsenz für mich?
  • Wie oft bin ich gedanklich in der Vergangenheit? In der Zukunft?
  • Kenne ich die Ruhe, die sich in mir ausbreitet, wenn ich im Hier und Jetzt präsent bin?
  • Wann schweife ich gedanklich ab, wenn mir jemand etwas erzählt? Warum? An welchen Punkten?

Wer sich nicht auf der Schwelle des Augenblicks, alle Vergangenheiten vergessend, niederlassen kann, wer nicht auf einem Punkte wie eine Siegesgöttin ohne Schwindel und Furcht zu stehen vermag, der wird nie wissen, was Glück ist, und noch schlimmer: er wird nie etwas tun, was andere glücklich macht.“
Friedrich Nietzsche

Wir können lernen,präsenter zu sein. Das geht leichter, wenn wir uns immer wieder daran erinnern, im Hier und Jetzt anzukommen. Es erfordert eine hohe Bewusstheit, denn wir sind es nicht gewohnt, präsent zu sein. Als Kinder konnten wir das spielend leicht. Wir waren im Augenblick versunken und wenn man uns sagte, dass „wir gleich fahren“, war das Ewigkeiten weg. Bis wir uns beeilt haben, weil wir dazu gedrängt wurden uns mehr und mehr darauf fokussierten, was morgen ist und nächste Woche. Im Berufsleben angekommen gibt es das Hier und Jetzt selten. Wir müssen planen für nächste Woche, nächsten Monat, nächstes Jahr – und sind so mehr und mehr in der Zukunft, analysieren und reflektieren die Vergangenheit und die Präsenz im Augenblick rückt immer weiter weg.

Wir können Präsenz lernen unter anderem:

  • Dadurch, dass wir uns selbst daran erinnern und bewusst darauf achten, wann wir mit unseren Gedanken in der Vergangenheit oder in der Zukunft sind und uns sanft in den gegenwärtigen Moment zurück nehmen. Denn nur da gibt es Ruhe, inneren Frieden und Stärke. Dann können wir uns an die Planung der Zukunft machen, ohne unsere Präsenz im Hier und Jetzt zu verlieren.
  • Dadurch, dass wir Ablenkungen vermeiden. Ganz in einer Aufgabe können wir nur, wenn wir die Ablenkungen vermeiden. Das Telefon ausstellen, wenn wir eine Sache konzentriert zu Ende machen möchten.
  • Dadurch, dass wir Multitasking vermeiden: Wenn wir telefonieren, schauen wir nicht nebenbei unsere E-Mails. Wenn wir mit einem Anderen reden, legen wir das Handy weg und beantworten nicht gleichzeitig eine SMS. Multitasking ist keine Fähigkeit, sondern unhöflich und zudem schädlich. Es ist erwiesen, dass Multitasking auf Dauer unsere Konzentrationsfähigkeit und unser Denken schwächt. Immer nur halb bei mehreren Sachen sein, lässt die Zeit subjektiv gefühlt, viel schneller vergehen. Im Augenblick zu sein, verlangsamt die Zeit gefühlt sehr stark.
  • Dadurch, dass wir uns dazu entscheiden, präsent zu sein. Wir haben die Wahl. Immer. Wir können uns dafür entscheiden, gedanklich ständig an anderen Orten zu sein als im Augenblick oder wir entscheiden uns dafür, präsent zu sein. Heute. Jetzt. Für diesen Tag. Für diese Woche. Und irgendwann wird es zur geistigen Gewohnheit und wir spüren, dass wir innerlich sehr viel ruhiger werden. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit und was wir beachten, das wächst. Darum wächst unsere Präsenz, wenn wir bewusst unsere Energie dahin lenken.
  • Dadurch, dass wir das tun, was wir lieben. Dass wir in unserem Leben mehr Menschen um uns haben, die uns gut tun, mehr Dinge tun, bei denen wir mit unserem Herzen dabei sind, die unsere Seele erfüllen und die unseren Werten entsprechen. Dann sind wir automatisch im gegenwärtigen Moment. Weil wir nicht froh sind, wenn etwas endlich vorbei ist. Weil wir dann da sind, wo wir gerne sind. Das heißt nicht, dass es immer wieder Tätigkeiten gibt, die uns nicht gefallen, die aber getan werden müssen. Wenn wir jedoch wirklich präsent sind, hat selbst das Fensterputzen eine andere Dimension. Wenn wir präsent dabei sind, erfüllt es uns und wir machen somit täglich mehrere Mini-Meditationen.
  • Dadurch, dass wir Zeiten der Stille in unseren Tag einbauen. Wenn wir ständig in Aktion und Bewegung sind, verlieren wir das Bewusstsein darüber, wo unser Inneres sich gerade befindet. Wenn wir still und bewusst werden, finden wir wieder den gegenwärtigen Moment und wir finden uns darin.
  • Dadurch, dass wir uns im Körper verankern. Manchmal können wir während des Tages kurz unsere Hand auf unseren Bauch legen, um im Augenblick anzukommen. Der Körper ist der Einzige, der immer im Hier und Jetzt ist und somit kann er alleine uns in den Moment zurück holen. Wenn wir uns auf unseren Atem konzentrieren (drei Atemzüge lang) oder bewusst spüren, ob wir Hunger haben, ob uns kalt ist, ob wir verspannt sind, ob unsere Augen schmerzen, dann kommen wir im Hier und Jetzt an. Unser Körper ist unser Anker.
  • Dadurch, dass wir aufmerksam sind. Aufmerksamkeit ist der Schlüssel zur Präsenz.

„Wer die Gegenwart unzufrieden verachtet, dem kommen selten Tage des Friedens“. Jeremias Gotthelf

Frieden und innere Ruhe finden wir nur im Augenblick, wenn wir präsent sind. Wir führen intensivere Beziehungen, wenn wir ganz bei dem Anderen und gleichzeitig bei uns selbst sind mit unserer Präsenz, denn dann verlieren wir uns nicht im Anderen und sind dennoch ganz da und können aus unserem Inneren heraus authentisch antworten.

Wir haben immer die Wahl. Wir können uns für Präsenz entscheiden. Und im gegenwärtigen Augenblick ankommen. Gegenwärtig sein. Wir sind Schöpfer und wählen, wer wir sind und sein möchten. Von Augenblick zu Augenblick.

© Marion Schronen

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